Roland Kurmann

Persönliche Webseite

02.10.2013 - Reise

Transalp-Erfahrungen

Ich liebe “faire Ferien”, sprich eine Anfahrt ohne Benutzung von Öl. So bin ich im Juli wieder einmal mit dem Bike unterwegs gewesen. Wir haben uns die Joe Route an den Gardasee von Achim Zahn alias Serac Joe ausgesucht.1 Als Schweizer wäre ein Start in Oberstdorf ungünstig gewesen, so sind wir von Lavin im Unterengadin gestartet. Danach ging es weiter durch die eindrückliche Uina-Schlucht zur Sesvennahütte.

Die Tour war ein tolles Erlebnis. Und das Wetter spielte mit. Die Aufstiege war schön und die Höhe konnte anschliessend in schönen Single Trails “vernichtet werden”. Wir machten inkl. dem stationären Tag in Arco am Gardasee 370km und über 10'000Hm.

Hier möchte ich nun nicht über die Tour selbst, sondern über die Erfahrungen und Erkenntnisse berichten.

Inhaltsverzeichnis

Italienische Züge

Die Rückreise mit italienischen Zügen ist ein eigenes Abenteuer. Man braucht viiiieeeel Zeit und Nerven. Das Velo Journal (VJ) berichtete vor drei Jahren darüber.2 Es hat sich nichts geändert.

In unserem Fall gab es keine Rückreisevariante (mehr) in einem Tag mit Velotransport. Die Fahrt über München nach Zürich hätte 13h gedauert, aber hatte keine Veloplätze mehr. So was tun?

Ein verpacktes Velo ist kein Velo (mehr), sondern Gepäck. Also mussten wir das Velo verpacken. Einen Transbag mitnehmen? Den halben Rucksack damit füllen? Nein?!

Kompostsäcke

Nach verschiedenen Versuchen stellten sich die 140l Kompostsäcke (Premium Compo Bag aus dem Coop Bau und Hobby) als Lösung heraus. Drei Säcke (200g) werden für ein Velo benötigt und fünf (300g) für zwei Bikes benötigt.

Verpackte Bikes am Bahnhof Verona
Verpackte Bikes am Bahnhof Verona

Wir verpackten die Bikes im Eurostar Italia Zug von Verona nach Milano. Unsere Rückfahrt dauert ab Rovereto nach Zürich insgesamt 11h.

Reservation

Im Ausland ist es nicht so bequem wie in der Schweiz, praktisch alle Zugfahrten müssen im Voraus reserviert werden.

Bei einer Reservation mit verpackten Bikes ist es vorteilhaft, wenn im vordersten oder im hintersten Wagen reserviert wird. Das Bike kann so, an die nicht gebrauchte Durchgang angelehnt werden. Es wird dabei kein Weg versperrt.

Wir haben im hintersten Wagen No 9 reserviert. Leider hatte der Zug an diesem Tag nur 8 Wagen… Unsere reservierten Sitzplätze verwandelten sich in Stehplätze.

Shuttle Bus

Der Gardasee dasein Ziel vieler Biketouren. Und selbst ein Bikeparadies. Deshalb gibt es verschiedene Anbieter mit einen Shuttle-Service. Ab einer gewissen Gruppengrösse kann man selbst einen Shuttle bestellen oder man kann noch freie Plätze auffüllen.

Beispielsweise:

Ein Shuttle-Transport ist wirklich eine Überlegung wert. Man könnte die Reisezeit wahrscheinlich halbieren.

Material

Ich war wirklich erstaunt, wie viel die Leute auf so eine Alpencross/Transalp Tour glauben mitnehmen zu müssen. 7kg oder gar 11kg. Biken macht damit keinen Spass, sowohl aufwärts wie runter. Bald schon merkts man an den Schultern.

Ich hatte inkl. den acht Kompostsäcken ( s.o.) von 0.5kg ein Gesamtgewicht des Rucksackes von 4.2kg. Das Überholen im Aufstieg hat Spass gemacht. ;-)

Auf der Tour habe ich nichts vermisst.

Einen kleinen Rucksack gibts, wenn unnötiges Zeug weggelassen wird.

Was ich dabei hatte

Bike-Rucksack

  • Abendkleider (lange Trekkinghose, langärmliges Mammut Hemd, Odlo Unterwäsche, Socken, Mammut Softshell, Unterhelmkappe [abschliessende Liste])
  • Toilettenartikel (Zahnbürste, fast leere Zahnpasta, Hotelseife, Sonnencreme, Lippenstift, Microfasertuch [abschliessende Liste])
  • Sonnenbrille
  • Armlinge
  • Eine volle 100g Tube Sonnencreme Day Long von Spirig
  • 2 Karten, sonst mehrheitlich Farbkopien
  • Sonnenkappe
  • Salz (in Form von Bratengewürz)
  • Notvorrat (Basler Läckerli & Willisauer Ringli, Darvida)
  • Seidenschlafsack (wegen Sesvennahütte)
  • Sackmesser
  • Portemonaie
  • Zwei Pack Papiernastücher und ein Baumwollnastuch
  • 3-4 Plastiksäcke
  • 8 Kompostsäcke und Malerklebeband

Tourenbekleidung

  • Trikot
  • Unterleibchen
  • Velohose
  • Velohandschuhe
  • Helm
  • Klickschuhe

Satteltasche

  • Schlauch
  • kleine Tourenzang (PERFECT Tourenzange von Veloplus)
  • Kabelbinder
  • Draht
  • Tape
  • Bremsseil
  • Schaltseil

Was ich nicht dabei hatte

  • Stirnlampe (stattdessen LED-Velobeleuchtung nehmen)
  • Photoapparat (Smartphone, jedoch mein Kollege)
  • Tablet
  • Regenausrüstung (stattdessen Reservezeit zum Aussitzen im Trockenen)
  • Warme Kleider (wir sind in Italien bei gutem Wetter!)
  • Lange Handschuhe
  • Schuhe für den Abend (stattdessen die Bikeschuhe benutzen)
  • Rasierzeug (stattdessen mit Bart)
  • Tagebuch (stattdessen eine A4-Seite aus robustem 100g/m² Papier)
  • Pulsgurt
  • GPS-Geräte
  • Bergapotheke (Gruppenmaterial, beim Kollegen)
  • Kleines Bike-Werkzeug (mein Kollege)
  • Ultra-leichtes Veloschloss (mein Kollege)

Tricks

  • Wetterbericht genau lesen. Heutige Wetterberichte decken eine Woche ab. Und lieferen einen Trend für zwei Wochen. ( Meteoblue) Je nach Bericht die Tour durchführen, verschieben, eine Alternative mit gutem Wetter wählen und dem Wetter entsprechende Kleidung mitnehmen.
  • Wenn Reservezeit eingeplant wird, bei uns 1d, kann man ein Gewitter leicht im Trockenen aussitzen und spart sich die Regenausrüstung.
  • Von der Hand in den Mund essen: Es gibt so viele Spezialitäten zu entdecken.
  • Satteltasche für Ersatzschlauch und Werkzeug benutzen.
  • Kartenmaterial kopieren, Farbkopien kann man in vielen Geschäften machen.
  • Möglichst leichte Verpackung von Hypgieneartikeln und Essen (kleine Gratissäcke von Kaufhäusern oder Säcke für Früchte)
  • Smartphone benutzen
  • Leichtes Werkzeug: BIKETOOL 470 von PB SWISS TOOLS (von Veloplus)
  • Leichtes Schloss
  • Wichtiges könnte auf der Tour notfalls gekauft werden, denn die Tour ist in der Zivilisation und nicht in Sibirien.

Diese Packliste gilt natürlich nur für eine ein- bis zweiwöchige Transalp Tour mit Bike und nicht für längere Velotouren.

Weniger Gewicht ist mehr Fahrspass.

Orientierung

Wir sind nach alter Väter Sitte mit Karten gefahren. Beim Fahren mit GPS beschäftigt man sich wahrscheinlich weniger mit der Umgebung. Mit Karten muss man, zudem brauchen sie keinen Strom.

Bewährt hat sich bei mir folgende selbstgebaute Konstruktion: Zwei ca. 15cm lange isolierte Stromkupferdrähte um Lenker wickeln. Danach kann eine wasserdichte Ortlieb Kartentasche eingehängt werden.

Übernachtung in der Höhe

Wir haben immer versucht am höchsten Ort zu übernachten. Erstens erleichterte dies die Auswahl, es sind speziellere Orte, mehr auf Touren ausgerichtet und zweitens stellt sich ein Höhentrainingseffekt ein.

Emfehlenswert sind:

  • Sesvennahütte 2200müM
  • Hotel Passo Stelvio 2700müM
  • Rifugio Bonetta am Gaviapass 2600müM

Schon nach fünf Tagen merkt man einen Höhentraningseffekt.

Gardasee: 65müM

Der Gardasee ist nur 65m über Meer. Also ziemlich tief. Dies merkt man beim Sport. In Kombination mit dem Höhentrainingseffekt der letzten Tag heisst das unglaubliche Power. Schnauf ohne Ende. Rennvelofahrer können bergauf mit dem Bike überholt werden.

Rund um den oberen Teil des Gardasees gibt es viele Bikerouten. Die Reservetage lassen sich so leicht vertun. Es gibt diverse Shuttle-Services für die bekannten Down-Hills und Single-Trails. Abfahrtsgenuss zum Abschluss.

Cafè Trentino in Arco

Das Café Trentino in Arco ist der Bikertreff am Gardasee. Arco liegt 5km vom Gardasee entfernt und ist das Kletter- und Bike-Mekka. (Der Maler Segantini, bekannt durch seine leuchtenden Alpenpanoramas, wurde in Arco geboren.)

Ein Weissbier im Cafè Trentino ist ein unglaublicher Genuss. Eine wahre Freude. Es ist der ideale Ort um die Tour abzuschliessen. Man kann mit Gleichgesinnten über die Tour sprechen.

In Arco gibt es günstige Übernachtungsmöglichkeiten.

Fazit

Mit etwas Überlegen und Vorbereitung kann man den Spass einer Transalp-Tour leicht steigern.

Ich kann eine solche Transalp-Tour jedem Biker empfehlen.


  1. ALPENCROSS, Achim Zahn ↩︎

  2. Veloverlad, velojournal 4/2010, Mit dem Bici in bella Italia, velojournal 4/2010, Seite 40 ↩︎